In meiner Kraft: Wie du dein Selbstwertgefühl nachhaltig stärkst

Gesund, resilient, in Balance: So fühlst du dich, wenn du ein stabiles Selbstwertgefühl hast. Dein Platz im Leben ist klar, du fühlst dich zugehörig, als wichtiger Teil einer Gesellschaft, du kennst deine Grenzen und Ziele und du bist rundum zufrieden mit dir. Doch häufig ist unser Selbstwert gestört, wir erlauben anderen, unsere Grenzen einzurennen, wir nehmen schlecht bezahlte Jobs an oder finden uns in unausgeglichenen Beziehungen wieder. Warum ist dies so?
Pia Baur ist systemischer Life- und Businesscoach, Achtsamkeits-, Meditations- und Yogalehrerin, Podcasterin und Autorin.
Pia Baur ist systemischer Life- und Businesscoach, Achtsamkeits-, Meditations- und Yogalehrerin, Podcasterin und Autorin.

Woher kommt dieses, oft tief verankerter Gefühl, wertlos zu sein? Was sind daraus resultierende Reaktionen und wie sieht eigentlich ein gesundes Selbstwertgefühl aus? Woher bekommen wir dieses Gefühl und wie können wir es selbst für uns aktivieren?

In meiner Arbeit als Coachin kristallisiert sich immer ein grundlegendes Bedürfnis heraus: Jeder Mensch möchte sich wertvoll fühlen, das Gefühl haben, nützlich zu sein und gesehen zu werden. 

Wenn wir uns eher minderwertig fühlen, gewöhnen wir uns unbewusst sabotierende Verhaltensweisen an, die uns selbst und oft auch anderen nicht gut tun, um in diesem gewohnten Gefühl des Nichts-wert-sein zu verharren, denn etwas Anderes kennt unser Unterbewusstsein oft nicht.

Gestörtes Selbstbewusstsein: Nicht verwischende Spuren aus unserer Kindheit

Unser Selbstwertgefühl wird früh bestimmt. Dabei spielen unsere Eltern oder andere Erziehungsverantwortliche eine wichtige Rolle. Es geht um die unbewusste Weitergabe eigener Unzulänglichkeiten, ein nicht-vorhandenes Selbstwertgefühl, das sich häufig unterbewusst durch Kritik, Ignoranz oder fehlende Empathie, gegenüber den eigenen Kindern äußern kann. 

Kinder suchen nach Anerkennung und Liebe, um ihren Platz im Leben zu finden und um Sicherheit zu erfahren. Suchen sie vergebens, zieht sich dies meist als unbewusstes Gefühl, nicht gesehen oder nicht geliebt zu werden, bis ins Erwachsenenalter. Dies kann sich in Selbstsabotage, ungesunden Beziehungen oder dem generellen Gedanken, nicht gut genug zu sein, widerspiegeln.

Das Minderwertigkeitsgefühl kann sich über unterschiedliche Emotionen zum Ausdruck bringen, wie Ärger, Wut, Aggressivität oder auch Traurigkeit, Frust, Enttäuschung, bis hin zu depressiven Gemütszuständen. Typische Muster können Perfektionismus sein, dieser Zwang beweisen zu müssen, dass man etwas kann – eben gut genug zu sein und es wert, geliebt zu werden. Auch Angstzustände, Kontrollzwang oder ein Bedürfnis nach ständiger Bestätigung durch Andere, können Ausdruck eines niedrigen Selbstwertgefühls sein.

Lerne dich selbst wertzuschätzen

All die Versuche, uns aus dem Außen Anerkennung und Liebe zu holen, mögen kurzfristig helfen, versprechen aber keine nachhaltige Lösung eingefahrener Muster und Glaubenssätze. Der Prozess der Heilung beginnt immer mit uns. Sobald uns dies bewusst wird, haben wir den ersten Schritt getan und wir übernehmen die Verantwortung für uns selbst.

Im folgenden gebe ich dir sechs Tipps an die Hand, wie du dein Selbstwertgefühl stärken kannst.

Stärke dich selbst mit diesen sechs Schritten und finde dein gesundes Selbstwertgefühl

1. Übernimm Verantwortung für dich selbst

Im Außen nach Lösungen oder Verantwortlichen zu suchen bedeutet auch, Verantwortung abzugeben. Wir machen so unser Leben von anderen Menschen und Situationen abhängig. 

In dem Moment wo du beginnst, dein Leben selbst in die Hand zu nehmen, wird sich sofort etwas verändern: Du wirst verstehen, wieviel Einfluss du eigentlich hast, auf dein Denken, Fühlen und Handeln. 

Du wirst merken, dass viele (meist unterbewusste) Handlungsmuster, Gedanken oder Einstellungen gar nicht deine eigenen sind, sondern übernommen wurden im Laufe des Lebens, häufig aus dem engen Kreis der Familie oder von den Mitmenschen, mit denen du aufgewachsen bist. Auch Erwartungen oder Einstellungen in der jeweiligen Gesellschaft oder Kultur, übertragen sich auf uns. 

Du kannst äußere Einflüsse nicht steuern, aber deine Reaktion auf diese

Neben all diesen äußeren Einflüssen ist es trotzdem Fakt, dass du als erwachsene Person selbst für dein Fühlen und dein Handeln verantwortlich bist – auch wenn man das vielleicht nicht immer glauben mag. 

Natürlich kannst du Dinge, die heute von Außen kommen, nicht beeinflussen, aber alles was du aus deiner Vergangenheit mit dir herumträgst, das kannst du aus deinem System verabschieden.

Neuroplatizität macht dein Umdenken möglich, indem du dein Gehirn wie einen Muskel trainierst

Unser Gehirn ist neuroplastisch, was kurz gesagt bedeutet, dass du die Fähigkeit besitzt, über Gedanken und Gefühle, dein Gehirn zu beeinflussen und sogar zu verändern. Du hast die Macht, neue neuronale Verbindungen zu knüpfen, dich von alten, negativen Gedankenmustern zu lösen und aufzuhören, Ängste und Sorgen aus der Vergangenheit – die vielleicht nicht einmal deine eigenen sind – in die Zukunft zu projizieren.

2. Mit Selbstbeobachtung zu mehr Selbstachtung

Werde der:die Beobachter:in deiner Gedanken, Emotionen und Reaktionen. Hier kann eine regelmäßige Meditationspraxis enorm helfen. Was kommt da eigentlich hoch, wenn ich zur Ruhe komme? Je mehr wir dies üben, desto mehr können wir auch in anderen Situationen in den Modus des Beobachtens gehen: Ich beobachte, wie ich reagiere, wie ich handle und wie ich fühle. Wirst du dir dieser Dinge bewusst, wirst du sie im nächsten Schritt beeinflussen können.

Stelle dir Fragen wie…

Wann wird mein Selbstwert getriggert?

In welchen Situationen (die weiter oben genannt wurden) erkenne ich mich wieder?

Bin ich perfektionistisch?

Suche ich ständig nach Harmonie und Bestätigung?

Was sind meine Reaktionen? 

Und beginne, zu beobachten.

Es kann helfen, all dies in einem Tagebuch niederzuschreiben, eine Bestandsaufnahme deiner schon bewussten oder auch unterbewussten Muster zu machen. Letztendlich lebst du ja mit deinen Emotionen, einige kennst du wahrscheinlich sehr gut.

Frag nach Hilfe, um dein Unterbewusstsein zu erkunden

Um zu erkennen, was mit einem eventuellen Gefühl der Minderwertigkeit zu tun hat, müssen wir allerdings oft tief im Unterbewusstsein forschen. 

Hier kann eine unabhängige Person, wie zum Beispiel ein:e Therapeut:in oder ein:e Coach:in, dabei helfen, wirklich in der Tiefe zu schauen. Denn es handelt sich meist um Dinge, die wir nicht ohne Grund tief vergraben haben oder wir reagieren automatisch, in unserem Muster, dass wir mit unserem eigenen Verstand da gar nicht so einfach alleine rankommen. 

Wir haben alle sehr viel Macht darüber, unser eigenes Leben zu beeinflussen, aber genau wie wir für einen Marathon trainieren müssten, müssen wir auch unser Gehirn trainieren, um ungewollte Gedanken- und Verhaltensmuster ab- oder umzupolen

Den Dschungel aus Gedankenmustern und Gewohnheiten lichten, um neue Wege zu finden

Stell dir deinen Kopf wie einen dichten Dschungel vor, in dem du deine Wege gebahnt hast die du immer gehst. Um neue Wege zu finden, kämpfst dich durch das Dickicht der Gedankenmuster und Gewohnheiten, um neue kleine Trampelpfade in diesem Dschungel-Chaos zu kreieren. Dies bedarf Disziplin und Durchhaltevermögen, so wie jedes Training. Je mehr du dies übst, zum Beispiel mit Meditation und Achtsamkeit, desto mehr kann sich aus den kleinen Trampelpfaden ein breiter Weg bahnen. 

Wie beobachte ich mich selbst und wie werde ich mir überhaupt erstmal bewusst, welchen Teil des Dschungels ich lichten muss, um neue Wege in Richtung gesundem Selbstwertgefühl für mich zu finden

3. Meditation als Schlüssel zu einem gesunden Selbstwertgefühl

Meditation ist eine wunderbare Praxis, unsere Achtsamkeit und unsere eigene Wahrnehmung zu schulen.

Lerne, deine Sinne dafür einzusetzen, zu beobachten was ist, ohne zu beurteilen, einfach nur wahrzunehmen – sowohl um dich herum, als auch in deinem Inneren.

Stille hat die Macht, Dinge heraufzutragen, die sich uns im Lärm des Alltags nicht zeigen oder die wir oft ganz bewusst betäuben. Wenn wir jedoch verstehen, dass das Anschauen unangenehmer Dinge beziehungsweise, das Durchleben aufkommender Emotionen, uns dabei helfen kann, diese aus unserem System zu leiten, dann wird die Meditation unser Werkzeug, in uns aufzuräumen, den Dschungel zu lichten und Platz für neue, stärkende Gedankenmuster zu machen.

Der Trick ist es, eine Vogelperspektive einzunehmen, sich den Gefühlen die da hochkommen, hinzugeben ohne sich mit ihnen zu identifizieren – weiter zu atmen und zu beobachten.

Wenn wir uns unseren Gedanken und Emotionen hingeben, passiert etwas magisches

Je mehr wir zum:r Beobachter:in werden, desto häufiger werden wir feststellen, dass sich die Gefühle und auch Emotionen langsam auflösen. Wenn wir dem, was sich da zeigen möchte die benötigte Aufmerksamkeit geben, hat es überhaupt die Möglichkeit, uns wieder zu verlassen.

Wir hören auf, das Gefühl wegzusperren, nichts davon wissen zu wollen, was immer bewirkt, dass es irgendwo in uns bleibt, um uns immer wieder einzuholen. Schaffen wir Raum, das Gefühl zu fühlen und es anzuerkennen für das was es ist, werden wir in der Lage sein, es gehen zu lassen. 

Natürlich ist es nicht immer einfach, sich den eigenen Dämonen im Dickicht des Dschungels zu stellen, aber wenn wir es schaffen, jeden Tag aufs Neue den Mut aufzubringen, nach innen zu schauen, können wir so viel schönes entdecken und die Schatten vielleicht irgendwann als unsere Lehrer:innen erkennen und sie getrost gehen lassen.

4. Körperbewusstsein – Bewegung für deinen gesunden Energiefluss

Unser Körper kann uns viel über unseren Gemütszustand verraten. 

Emotionen = E-motions = energy in motion 

Emotionen sind also Energien, dies sich über unseren Körper oder Geist zum Ausdruck bringen. Schenken wir ihnen und unserer inneren Stimme keine Beachtung, werden sich diese früher oder später ziemlich wahrscheinlich in körperlichen Symptomen äußern. Jedes kleinste Trauma, das wir in unserem Leben erfahren, sei es ein harmloser Sturz, ein Unfall oder auch emotional traumatische Erfahrungen, setzen sich im Körper fest. Auch, wenn wir Dinge aus unserem Geist verdrängen, der Körper merkt sich alles. 

Bewegung hilft uns dabei, angestaute und stagnierende Energien wieder in Bewegung zu bringen und einen natürlichen Energiefluss wiederherzustellen.

Unser Selbstwert sitzt in unserer Mitte

Das Selbstwertgefühl oder auch die eigene Willenskraft verorten wir in der Magenregion, dort, wo unser Solarplexus sitzt. Dies ist unser energetisches Kraftzentrum für unsere individuelle, persönliche Entwicklung und unser Selbstwertgefühl. Ist dieses geschwächt, kann sich das zum Beispiel in Magenschmerzen widerspiegeln.

Du kannst diesen Energiepunkt stärken, indem du ihn dir in Form einer Sonne vorstellst, die aus deinem Solarplexus scheint. Ein wunderschönes, gelbes Licht. Bringe während deiner Meditation deinen Fokus immer wieder auf diesen Bereich, stelle dir dieses Licht vor, welches hell und stark scheint und sich immer weiter in dir und über dich hinaus ausbreitet.

4. Yoga zur Stärkung des Manipurachakra

Yogaübungen können dir dabei helfen, den Solarplexus, wo übrigens auch dein drittes Chakra, das Manipurachakra, sitzt, zu aktivieren. Wunderbare Haltungen dafür sind Twists oder Übungen, die deine Bauchmuskulatur aktivieren und stärken.

5. Das innere Kind

Das innere Kind ist der Teil in uns, der uns seit unserer Kindheit begleitet und stellt die Bedürfnisse da, die nicht erfüllt oder unterdrückt wurden. Alle Verletzungen die wir erfahren haben, Zurückweisung oder andere, physische oder psychische, traumatische Erfahrungen. Wenn wir beginnen, diesem Kind Beachtung zu schenken, ihm oder ihr zuzuhören, beginnen wir einen sehr heilsamen Prozess mit uns selbst. 

Es gibt spezielle Meditationen in denen du dich mit deinem inneren Kind verbinden kannst, um es besser zu verstehen und alte Glaubensmuster und Emotionen aufzulösen.

Wichtig ist es, dieses innere Kind auch rauszulassen, es zu spüren. Lass es durch dein heutiges Ich in Erscheinung treten, lass es Spaß und Freude haben. Erlaube ihm:r, so zu sein, wie er:sie es wünscht. Gib deinem inneren Kind und somit dir selbst, diesen verletzten Anteilen in dir, die Chance gesehen zu werden und sag dir immer wieder: „Du bist in Ordnung wie du bist, du bist perfekt!“

Nimm dieses innere Kind und dich selbst fest in den Arm und sag dir, es ist alles gut. Du bist gut so wie du bist. Du bist genug, Ich bin genug!

Hab Geduld mit dir

All diese Punkte kannst du für dich Üben, in deine bereits vorhandene Praxis integrieren und erforschen, was dir hilft und wo du vielleicht Hilfe von anderen benötigst. Dieser Weg ist ein Prozess, der Zeit braucht und viel Aufmerksamkeit für uns selbst abverlangt. Hab Geduld mit dir, sei nicht zu streng und genieße diese Reise nach Innen – zu dir und deiner inneren Kraft.

Meditation. Free.
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